Tafel 6
Wirtschaftliche Tätigkeit und religiöse Bewegungen


"Personen unterschiedlichen Standes trauern um den Tod des Kredits", farbiger Holzschnitt, Ende des 16. Jahrhunderts. Eine sehr populäre Satire über die wirtschaftlichen Verhältnisse in der polnisch-litauischen Adelsrepublik. Wirtschaftliche Tätigkeit ist im hohen Maße von Krediten abhängig, die u.a. bei jüdischen Bankiers zu bekommen sind.

"Heilung eines unbekannten Krakauer Bürgers", ca. Mitte des 17. Jahrhunderts. Jüdische Ärzte, die ihr Wissen und Können an ausländischen Universitäten erwerben, sind ungeachtet ihres Glaubens sehr geschätzt und werden unabhängig vom sozialen Stand zu den Kranken - auch Geistlichen und Königen - gerufen.

"Juden auf dem Pferdemarkt", um 1790. Juden sind häufig im Pferde- und Ochsenhandel tätig.

Kohen Tobias Rofe (1653-1729), Arzt und Philosoph. Er stammt aus Narol (nordwestlich von Lemberg) und studiert in Frankfurt am Main und Padua. Verfasser des enzyklopädischen Werkes "Ma'asei Tubia", Venedig 1707.

"Marktplatz und Rathaus in Tarnów (östlich von Krakau)", 1800. Jüdische Kaufleute und Handwerker gibt es praktisch in jeder Stadt der Adelsrepublik. An Markttagen kommen sie aus den umliegenden Dörfern und Kleinstädten auf der Suche nach Kunden zum Markt.

"Ba'al Schem Tow", auch Israel ben Elieser (1700-60). Er ist der Begründer des osteuropäischen Chassidismus, einer religiösen jüdischen Bewegung, die sich besonders unter den armen Juden im Südosten der Adelsrepublik (in Wolhynien und Podolien) verbreitet.

"Jüdischer Barbier", um 1811. Juden sind als Pächter adeliger Güter anzutreffen. Sie führen aber auch Dienstleistungen als Barbiere, Glaser, Goldschmiede oder Friseure auf Adelshöfen aus.

Jakub Lejbowicz Frank (1726-91). Frank ist der Begründer des Frankismus, einer mystisch-kabbalistischen Bewegung, die Mitte des 18. Jahrhunderts in Podolien entsteht. Er lehnt den Talmud ab und ernennt sich zum Messias. Als Frank von den orthodoxen Juden verbannt wird, tritt er dem Islam und später der katholischen Kirche bei. Frankisten, die das Christentum annehmen, werden geadelt. Nach dem Tode Franks verliert die Bewegung an Bedeutung.

Ausschnitt aus der "Danziger Apotheose", Anfang des 17. Jahrhunderts. Jüdische Kaufleute handeln mit christlichen Kaufleuten in Danzig. Die von den polnischen Adeligen angestellten jüdischen Unterhändler flößen auf der Weichsel Getreide, Holz, Asche und Walderzeugnisse nach Danzig.

Der Adel und die Geistlichkeit beschäftigen Juden aufgrund ihrer Bildung häufig als Verwalter ihrer Güter sowie als Eintreiber von verschiedenen Steuern, Maut- und Zollgebühren.

Juden betreiben vorwiegend Handel und Handwerk (Schneider, Tischler, Goldschmiede, Drucker, u.a.) sowie Kreditgeschäfte. Eine bedeutende Zahl von Juden dient an Adels- und Mag-natenhöfen und sogar am Königshof, andere wiederum sind Ärzte und Apotheker.

Als Folge der Kriege im 17. Jahrhundert erleidet Polen eine wirtschaftliche Rezession, die auch zur Verarmung der jüdischen Bevölkerung führt. Zugleich ist sie mit wachsender Intoleranz konfrontiert. Diese Existenzkrise der jüdischen Gemeinden in Polen führt zur Entstehung neuer religiöser Bewegungen. Sie finden ihren Ausdruck im Studium der Kabbala (jüdische Mystik und Geheimlehre) und in der Tätigkeit des selbst ernannten Messias Sabbatai Zewi (1626-76). Mitte des 18. Jahrhunderts begründet Israel ben Elieser (Ba'al Schem Tow) aus Podolien eine neue religiöse Strömung. Der charismatische Redner sucht die Begegnung mit Gott in allen Lebenslagen, insbesondere in der Freude des Gebets, des Gesangs und des Tanzes. Er verbindet diese Form der Religiosität mit messianisch-mystischen Ideen. Diese religiöse Bewegung eines Teils der osteuropäischen Juden wird Chassidismus genannt.

Jüdisches Geschäft in Warschau, 1787. Der jüdische Handel ist sehr vielfältig. Neben großen Niederlassungen, die Handel im In- und Ausland führen, bestehen auch viele kleine Geschäfte.





     
A & K Woźniak