Tafel 12
Kultur und Bildung (1918-39)


Jakub Mortkowicz (1879-1931), Buchhändler, Herausgeber von ca. 700 Werken bedeutender Schriftsteller, u.a. von Stefan Żeromski, Maria Dąbrowska, Antoni Słonimski, Julian Tuwim; Begründer zahlreicher Büchereien, u.a. des Hauses des Polnischen Buches.

Eine "Szabasówka" in Warschau. So werden in Polen die für die jüdischen Kinder eingerichteten öffentlichen Volksschulen genannt. Diese Schulen werden samstags und an den jüdischen Feiertagen geschlossen. 1937 gibt es in Polen 1.275 jüdische Schulen, in denen über 180.000 Schüler unterrichtet werden.

Sportverein Makkabi in Krakau. Der Sport wird als Teil der modernen nationalen Kultur betrachtet. 1936 bestehen in Polen 250 jüdische Vereine mit rund 30.000 Mitgliedern.

Ester Rachel Kamińska mit Tochter Ida, berühmte Theaterschauspielerinnen. Im Jahre 1936 gibt es 15 professionelle jüdische Theater in Polen. Polen ist weltweit das Zentrum jüdischer Filmproduktion.

Feierliche Eröffnung der Jeschiwa der Weisen, einer Talmudakademie in Lublin, 1930. Die Lubliner Jeschiwa erlangt Ansehen in ganz Europa. Polnische Juden spielen weltweit bis heute eine entscheidende Rolle in der traditionellen religiösen Kultur.

Majer Bałaban (1877-1942), bedeutender Historiker der Juden in Polen, Mitbegründer und Rektor des Institutes für Judaistische Studien in Warschau.

Janusz Korczak (eigentlich Henryk Goldszmit, 1878-1942). Arzt und Pädagoge, der ein auf Liebe und kindgerechte Demokratie gestütztes Erziehungsmodel entwickelt; Verfasser zahlreicher Bücher. Als Leiter des Jüdischen Waisenhauses wollte er seine Schützlinge nicht verlassen und begleitete sie 1942 freiwillig auf ihrem Transport in das Vernichtungslager Treblinka.

Bruno Schulz (1892-1942), Schriftsteller und Künstler. Sein ganzes Leben verbringt er in seinem Geburtsort Drohobycz in Ostgalizien, wo er Zeichenunterricht im Gymnasium erteilt.


Die jüdische Kultur, die keine staatliche Einschränkung erfährt, erlebt in der Zwischenkriegszeit eine Glanzperiode. Das jüdische Kulturleben teilt sich in eine religiöse und eine weltliche Strömung. Die Schriftsteller schreiben ihre Werke sowohl in jiddischer als auch in hebräischer und polnischer Sprache. Juden entwickeln eigenständige Einrichtungen und Formen des Theaters, des Films, der Kunst, der Wissenschaft sowie des Sports. Es gibt eine eigene reichhaltige jüdische Presse.

Eine ähnliche Vielfalt zeigt das jüdische Bildungswesen. Die Mehrheit der jüdischen Jugendlichen besucht kostenlose staatliche Schulen. Daneben bestehen Religionsschulen (Cheder, Jeschiwa) sowie von den Zionisten und Sozialisten errichtete weltliche Schulen. Der Stolz des jüdischen Schulwesens sind wissenschaftliche Institute europäischen Niveaus in Wilna und Warschau.

Isaak Bashevis Singer (1904-91), geboren in Radzymin bei Warschau, lebt seit 1935 in den USA; Literaturnobelpreisträger 1978, der bedeutendste jiddisch schreibende Schriftsteller. In den meisten seiner Werke befaßt er sich mit dem Leben der Juden in Polen.





     
A & K Woźniak