„Der Rest blieb nicht schweigend”
über das Schicksal von Dawid Rubinowicz und seines „Tagebuchs“
Das Schicksal der Familie Rubinowicz bleibt unbekannt. Wir können nur versuchen, sie mit Hilfe der spärlichen und sekundären Quellen zu rekonstruieren.
Am Samstag, den 19. September 1942 wurden die Juden aus dem Ghetto in Bodzentyn in das 17 Kilometer entfernte Suchedniów getrieben. Die Vertreibung verlief ähnlich wie in den anderen kleinen Ghettos in dem Distrikt um Radom: mit besonderer Bestialität und Brutalität.
Deportation der Juden aus Biala Podlaska in die Vernichtungslager Treblinka und
Sobibor. Die Juden aus den kleineren Orten in der Gegend wurden von polnischen
Bauern mit Pferdewagen zur Transportstelle gebracht.
Der Augenzeuge und Einwohner von Bodzentyn, Jan Fąfara, erzählt: „Alarm brach um 8 Uhr morgens aus. Die Glocken läuteten, die Gendarmen und die jüdische Polizei gingen in dem Wohngebiet der Juden von Haus zu Haus und trieben die Unglücklichen aus den Wohnungen. [...] Die Kranken, Alten, Altersschwachen und Kinder wurden von den Familienmitgliedern auf dem Rücken nach draußen getragen. Zusammen mit den Juden aus Słupia Nowa wurden sie über Wzdół Rządowy und Michniów nach Suchedniów getrieben. Wie viele Stunden hat dieser Gang nach Golgotha gedauert? In den Straßengräben lagen sehr viele Leichen der Ermordeten, meistens der Frauen, der Alten und Kinder. Nebenan lagen auch deren verlassene Bündel mit ihren Sachen.”* Der brutale Terror zielte darauf, die Widerstandsversuche der Vertriebenen im Keim zu ersticken. Auf solche Art und Weise gehetzte, desorientierte und erschrockene Menschen wurden apathisch und waren komplett dem Willen ihrer Henker ausgeliefert.
Am Montag, den 21. September 1942, am Tag des jüdischen Versöhnungsfestes Jom Kippur, wurden die Deportierten in Viehwaggons verladen.
Jüdische Frauen und Kinder aus Miedzyrzec Podlaski werden in Güterwaggons
gepfercht. Der deutsche Offizier und die anderen Soldaten überwachen den letzten
Weg der Juden.
Die
Juden aus Siedlce werden in Güterwaggons deportiert. Am 23 August 1942 wurden in
Güterwaggons ca. 10 000 Juden aus Siedlce und der Umgebung nach Treblinka, das
etwa 60 Kilometer entfernt war, abtransportiert. Dieses Foto wurde von einem
deutschen Soldaten gemacht, der auf dem Weg an die Ostfront war.
Laut dem überlieferten deutschen Fahrplan Nr. 587 fuhr der Zug mit den
Deportierten Richtung Treblinka ab.
Unter den Opfer, die am 22. September 1942
im Vernichtungslager Treblinka ankamen, befand sich auch Dawid Rubinowicz mit
seinen Eltern und Geschwistern. Wahrscheinlich wurde die Familie bei der
Selektion getrennt – die Mutter blieb bei den kleineren Kindern und der Vater
bei dem Sohn. Dawid war damals schon 15 Jahre alt und sicher wurde er mit der
Gruppe der Männer ermordet. Nach 4 Stunden und 35 Minuten fuhr der Zug, der die
Juden nach Treblinka gebracht hatte, leer ab, um weitere Deportierte
abzutransportieren. Zu diesem Zeitpunkt lebten Dawid und seine Familie nicht
mehr.
Rekonstruktion des Vernichtungslagers Treblinka,
die
von Samuel Willenberg, einem der wenigen Überlebenden, erstellt
wurde.
Bibliografie: Konrad Weiss, „Dawids Tagebuch“, Berlin 1980 (Dokumentarfilm)
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* Aus: Eugeniusz Fąfara, „Gehenna ludności żydowskiej”, Warszawa 1983, S. 430.